Das Konzept des MVP eignet sich für alle Unternehmen, die sich weiterentwickeln möchten.
IT-Startups und KMU profitieren von den geringen Kosten, während bestehende Firmen durch ein Minimum Viable Product langfristig in die eigene Zukunft investieren. Die Strategie ist auf alle Branchen anwendbar und auch für GründerInnen lohnend.
Minimum Viable Product: Das steckt hinter dem Modell
Das Konzept, KundInnen zunächst ein Produkt mit wenigen Funktionen anzubieten und dieses Produkt im Laufe der Zeit weiter auszubauen, ist nicht neu. Eines der wohl berühmtesten Beispiele für ein IT-MVP, das zu einem Milliardenkonzern herangewachsen ist, ist einer der größten Cloud-Anbieter weltweit, Amazon Web Services, kurz AWS.
Vom kleinen Online-Buchhandel, der Bücher zunächst nur on demand beschaffte und an Endkunden verschickte, zu einem der größten Distributor im Handel und starkes Logistikunternehmen, bis zum Marktführer rund um Cloud Angebote, vergingen über 20 Jahre. In dieser Zeit änderten sich der Markt, die Nutzung von Technologie im Alltag und damit wurde auch die Nachfrage immer stärker verschoben. Amazon ging mit der Zeit. AWS ist heute ein Tochterunternehmen des Onlinehändlers Amazon.com und verzeichnete 2021 einen Umsatz von 61 Milliarden Dollar.
Was ist ein Minimum Viable Product?
Das Minimum Viable Product ist ein Produkt, das zunächst günstig hergestellt oder angeboten werden kann. So kann beispielsweise eine später erfolgreiche Website zunächst über WordPress laufen und erst wenn Interesse an einer Vergrößerung da ist, auf ein eigenes Backend umziehen.
Das Minimum Viable Product lässt sich mit wenigen MitarbeiterInnen erstellen, produzieren und verwalten. Ein Unternehmen kann, wie im Falle Amazon, zunächst auch andere Dienstleistungen wie Handel und Logistik anbieten und schließlich das alte Kerngeschäft ausgliedern, um sich voll auf den Cloudservice zu konzentrieren.
Gleichzeitig ist das MVP ein wachsendes Produkt. Ein nicht erweiterbares und nicht flexibles Produkt kann von Haus aus kein MVP sein. Als Gründer solltest du daher von Anfang an davon ausgehen, dass dein zunächst angebotener Service oder dein Digitales Produkt möglicherweise nicht zum Kerngeschäft werden wird.
Eine Erfolgsgeschichte aus Silicon Valley
Der Begriff des Minimum Viable Products wurde 2001 von SyncDev CEO Frank Robinson vorgestellt. Das Konzept trat seinen internationalen Siegeszug jedoch erst 2011 durch den Bestseller „The Lean Startup“ von Silicon-Valley-Experte Eric Ries an. Heute sind MVPs ein gängiges Instrument, das in allen Branchen Anwendung findet.
Ries bezeichnet das MVP als Mindset. Ein Unternehmen nutzt ein MVP nicht zusätzlich, um sein Produkt zu erproben, sondern das Produkt selbst ist das Minimum Viable Product, das jederzeit ersetzt, erweitert oder ganz eingestellt werden kann.
Minimum Marketable Products
Neben dem Minimum Viable Product gibt es auch das Modell des Minimum Marketable Products. Hier besteht bereits ein Produkt, das theoretisch auch allein funktionieren würde. Es muss nicht wachsen, es kann aber erweitert werden. Die Grenzen sind fließend, denn theoretisch kann jedes Produkt unverändert am Markt bleiben, auch wenn es technisch und gesellschaftlich überholt wird.
Zu den bekanntesten MVPs auf dem internationalen Markt zählen
- Facebook: Vom Netzwerk für Studierende zum Werbe- und Tech-Giganten
- Google: Werbefreie kleine Suchmaschine – heute Konzern mit Wissenschaftseinrichtungen, Webservices und Werbeimperium
- Amazon: Bücher verkaufen on demand? Heute ist AWS der größte Cloudanbieter weltweit
Lohnt sich die MVP Methode für mein Unternehmen?
ProduktentwicklerInnen und GründerInnen, die über neue Konzepte nachdenken und ein innovatives Produkt in den Markt einführen möchten, sollten die Entwicklung eines MVPs in Betracht ziehen. Mit hohem Startbudget ist es zwar möglich, eine Marke zu launchen, die zunächst perfekt ist, so wie sie vorgestellt wird. Einfacher und günstiger sind jedoch kleine Schritte hin zum erfolgreichen Unternehmen mit großem Mitarbeiterstamm und wachsenden Angebot.
Unter Verwendung von kostenfreien oder kostengünstigen Backends wie Ruby on Rails oder Python, Frontends wie Angular.js oder einer Komplettlösung wie Flutter für Mobile Apps lassen sich in kürzester Zeit MVPs erstellen, die aus Sicht des Endkunden funktional sind und bereits einen Anreiz bieten, den Service auszuprobieren, sich für Mailings anzumelden oder Feedback zu geben.
Umsatz ist auch mittels Minimum Viable Product bereits möglich. Oft wird das Grundmodell des Produktes viele Jahre genutzt um Kunden ein perfektes Angebot zu unterbreiten, das dann dominiert.
Das Minimum Viable Product als Sicherheitsgarantie begreifen
Gerade im Dienstleistungssektor, bei digitalen Angeboten und im Onlinehandel ist der Weg über das MVP der wohl sicherste für alle, die mit einem begrenzten Budget starten. Einige Vorteile wiegen finanziell schwerer als andere. Wer klein startet, hat immer auch zunächst geringe Ausgaben.
Freelancer, die remote arbeiten können, benötigen einen ruhigen Arbeitsplatz in der eigenen Wohnung, einen günstigen PC, Mac oder Laptop und erste KundInnen. Startest du dagegen mit 20 MitarbeiterInnen, die lokal arbeiten sollen, benötigst du ein Bürogebäude, voll ausgestattete Arbeitsplätze und ganz andere Verwaltungsstrukturen als im Kleinen.
Diese Vorteile bringen MVP u.a. mit sich:
- Möglichkeit zur Beobachtung des Marktes während erste Umsätze generiert werden
- Nachfrage erhöhen durch gezielte Befragung, was KundInnen sich wünschen
- Wenige feste MitarbeiterInnen halten die Lohnkosten gering
- Zusammenarbeit mit Agenturen und kreativen Köpfen zur Optimierung des Businesses
- Geringe Kosten für Rohstoffe, Materialien, Raummiete usw. durch geringes Angebot
ExpertInnen auf Auftragsbasis beschäftigen
Besonders wichtig für Startups ist es, möglichst viel Budget in das Kerngeschäft, den Ausbau der Idee und die Entwicklung der Produkte einfließen zu lassen. Durch die Festanstellung von MitarbeiterInnen bieten sich kleine Unternehmen schnell an, die nach Neuausrichtung des MVP gar nicht mehr benötigt werden. Neben der finanziellen Ersparnis werden durch das Outsourcen von Aufgaben an SpezialistInnen auch personelle Ressourcen nicht gebunden.
Statistiken zum eigenen Vorteil nutzen
Die wohl wichtigste Aufgabe eines Minimum Viable Product ist die Möglichkeit, über Landingpages zu dem Angebot Daten zu sammeln. Wer interessiert sich für dein Produkt? Wie viele Menschen sind bereit, sich für einen Newsletter anzumelden, der sie über den Launch informiert? Bei welchem Angebot verweilen InteressentInnen am längsten und wo werden zusätzliche Informationen besonders oft ausgeklappt?
Anonymisierte Datensätze geben, durch ExpertInnen anschaulich aufbereitet und regelmäßig ausgewertet, einen Ausblick in die Zukunft deines Unternehmens. Sie zeigen aber auch Schwachstellen auf. Bewirbst du beispielsweise dein Produkt aktuell in der falschen Zielgruppe, ist es Zeit für eine Kurskorrektur.
Jedes MVP benötigt einen CEO, der Lust auf Veränderung hat
Wichtig ist es, zu verstehen, dass eine gute Idee allein noch keinen Erfolg bedeutet. MVP können dabei helfen, zu verstehen, warum ein Produkt nicht gefragt ist wird oder sich die Umstellung des Sortiments auszahlen könnte. Zusammen mit A/B Testing und Marktforschung können ganze Branchen nach Erfolgsfaktoren aufgeschlüsselt werden. Idealerweise steht am Ende der Nutzung des MVPs ein starkes Businessmodell, das sich weltweit skalieren lässt.
Letztlich hängt alles davon ab, wie viele Kompromisse dein Unternehmen bereit ist, einzugehen. Nur die richtige Führung mit Kompromissbereitschaft bei dem Angebot selbst, aber nicht im Wachstum, kann aus der Strategie zunächst mit Minimum Viable Products zu arbeiten und auch lieb gewonnene Projekte abzustoßen, maximalen Gewinn ziehen.
Zusammenfassend
Ein Minimum Viable Product ist eine frühe Version eines Produkts, die nur die wesentlichen Merkmale enthält und die Kernfunktionalität bietet. Es stellt auch eine kostengünstige und risikoarme Version eines Produkts dar, da man nur ein Minimum an Ressourcen in die Entwicklung des Produkts investiert.
Ein Minimum Viable Product dient dazu, erste Kunden zu gewinnen, um eine Produktidee zu validieren, Feedback zu erhalten und das Produkt zu verbessern. Dieser Ansatz legt Wert auf das Lernen und die ständigen Verbesserung bei der Entwicklung neuer Produkte.
- Dropbox begann mit einem MVP-Demovideo, das die wichtigsten Funktionen des Produkts erläuterte. Das Unternehmen war so in der Lage, Kapital zu beschaffen und seine Idee zu verwirklichen.
- Airbnb begann nur mit einer Luftmatratze, einem Bett und einem Frühstück. Die beiden Gründer vermieteten ihr eigenes Haus und bauten eine globale Plattform zur Zimmervermietung auf.