Nachdem Freelancer über Jahre einen immer höheren Stundensatz durchsetzen konnten, verharrt dieser seit Anbeginn der Pandemie in 2020, je nach Markt, auf dem jeweiligen Niveau. Während große Teile der Freiberufler unter den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie leiden, sind die Aussichten für IT-Freiberufler als weitaus positiver zu bewerten.
In einem unserer letzten Posts haben wir bereits aufgezeigt, welche Trends und Technologien in diesem Zusammenhang für Freelancer von Wichtigkeit sind.
In diesem Artikel findest du fünf einfache, aber sehr effektive Tricks und Verhaltensweisen, um selbstsicher in Verhandlungen zu deinem Stundensatz zu gehen und diese erfolgreich abzuschließen.
Zusammenfassung
Im Idealfall halten sich Freelancer an diese zentralen Basiselemente bei der Verhandlung ihrer Stundensätze.
1. Gründliche Vorbereitung
Je vorbereiteter man in ein Gespräch mit den Verantwortlichen eines neuen Vertrages kommt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man in der Lage ist, seine eigenen Honorarvorstellungen durchzusetzen. Informationen über das Unternehmen und das anstehende Projekt sind hierbei essentiell und erwecken nicht nur beim Gegenüber einen positiven Eindruck, sondern geben auch einem selbst mehr Selbstvertrauen. Im Idealfall bringt man zudem in Erfahrung, wer genau der Gesprächspartner ist und informiert sich über Xing, LinkedIn oder andere Plattformen vorab. Zudem kann man Freelancer im eigenen Netzwerk fragen, ob sie bereits für den Kunden gearbeitet haben, welche Erfahrungen sie dabei gemacht und wie viel sie für ihre Arbeit abgerechnet haben.
Eine gründliche Vorbereitung ist daher das A und O, um den Vertrag so zu gestalten, wie es in deinem Interesse ist – denn die Vorbereitung ist ein Signal von Wertschätzung und Interesse.
2. Vorstellungen im Voraus abklären
Wichtig ist es ebenfalls, bereits im Vorhinein abzuklären, welche Vorstellungen dein Gegenüber von der angestrebten Zusammenarbeit hat. Verhandlungen scheitern häufig daran, dass die Vorstellungen der Vertragsparteien zu stark voneinander abweichen. Sucht beispielsweise ein Kunde einen Freelancer für 70€/Stunde, der Freelancer arbeitet jedoch nicht für unter 130€ die Stunde, wird man schnell erkennen, dass Vertragsverhandlungen bei einer solchen Diskrepanz u.U. überflüssig sein könnten. Daher ist es sinnvoll bereits vor dem Gespräch, oder zumindest frühzeitig abzuklären, ob die Interessen und Vorstellungen beider Parteien in dieselbe Richtung gehen.
3. Rechtfertige nicht deinen Honorar, erkläre deine Leistung
In einer Verhandlung über deinen Stundensatz verkaufst du nicht deinen Preis, sondern den Mehrwert, den du einem Unternehmen liefern kannst. Mach dir daher vorab klar, mit welchen Argumenten und Belegen du darlegen kannst, dass deine Leistung den Preis wert ist, den du dafür verlangst. Demonstriere deine Leistung idealerweise deinem Gegenüber.
Frag außerdem bei früheren Auftraggebern nach, ob du diese als Referenz angeben darfst. Schlage deinem Gesprächspartner vor, dort nachzufragen, wie zufrieden die Kunden mit dir und deiner Leistung waren. Hilfreich sind unter anderem auch Referenzen auf deinem LinkedIn-Profil und auch sonstige Formen, die deine Leistung glaubwürdig und richtig bewerten.
Idealerweise sind in deinem Vertragsgespräch überhaupt keine Vertragsverhandlungen von Nöten, stehen die persönlichen und fachlichen Aspekte im Vordergrund und sind beide Parteien voneinander überzeugt, müssen häufig nur noch einzelne Aspekte “glattgeschliffen” werden.
Merke: Sobald du anfängst deine Stundensatzforderung zu rechtfertigen, überlässt du deinem Gegenüber die Kontrolle über das Gespräch.
4. Berechne deinen Stundensatz für jedes Projekt neu
Freiberufler müssen mindestens eineinhalbmal so viel verdienen wie ein festangestellter Arbeitnehmer, nur dann können sie sich ausreichend sozial absichern und in ihrer Kalkulation eventuelle Krankheits- und Urlaubstage berücksichtigen. Grundsätze wie diese solltest du bei der Kalkulation deiner Stundensätze ständig im Hinterkopf behalten.
Ebenso berücksichtigt werden müssen Faktoren wie Reise- und Übernachtungskosten sowie die Stunden, die du während An- und Abreise zu deinem Arbeitgeber verbringst. Selbstverständlich fallen diese Ausgaben geringer aus, wenn du im Home Office arbeitest. Berechne diese Kosten deshalb für beide Seiten fair.
Die Rahmenbedingungen deines Projekts verändern sich von Projekt zu Projekt, deshalb solltest du deinen Stundensatz auch jeweils neu berechnen. Sobald du dir selbst klar gemacht hast, aus welchen Positionen sich das Honorar zusammensetzt, kannst du Interessenten mehr als nur eine nackte Zahl nennen. Idealerweise bist du in der Lage, deinem Gegenüber die Bestandteile deines Honorars zu erläutern. Damit erhöht sich die Transparenz, wovon sowohl du wie auch dein Auftraggeber profitiert.
Zuletzt sammelst du selbstverständlich nach jedem Projekt Erfahrung und verbesserst dich in dem, was du tust. Aus diesem Grund solltest du dir deine neu gewonnenen Fähigkeiten, insofern diese für das anstehende Projekt von Nutzen sind, anrechnen lassen.
5. Verhandle hart, aber herzlich
Abhängig davon, wen du als Ansprechpartner hast – sprich ob einen Vertreter einer Personalagentur, einem Einkäufer deines Kunden oder etwa einen Abteilungsleiter – du musst deinem Gegenüber klar vermitteln, welches deine Stärken sind. Darauf aufbauend musst du in die Verhandlung starten. Sowohl Kundenvertreter wie auch Personalagenturen müssen Interesse an deinen Leistungen haben, denn zuletzt sind sie dafür verantwortlich, dich als Freelancer gegenüber dem Kunden bzw. den Fach- und IT-Abteilungen zu rechtfertigen. Halte dich demnach an die zuvor genannten Schritte und verkaufe dich zum „Marktwert”. Dein Gesprächspartner ist meist nicht darauf aus, den günstigsten Dienstleister zu finden, sondern den, der das Unternehmen am besten und schnellsten zu deren Zielen bringt.
Zusammenfassend sind sowohl du wie auch dein Gegenüber daran interessiert, einen zu marktüblichen und für beide Seiten fairen Vertrag abzuschließen. Für dich bedeutet dies, dich gut zu verkaufen – so gut, dass du am Ende keinen Zweifel an der Richtigkeit der Bezahlung hast. Je dringlicher ein Problem für deinen Verhandlungspartner ist, desto konstruktiver wird er mit dir verhandeln. Umgekehrt wird er bei einem Problem, das keine Priorität für ihn hat, mit einer gewissen Gleichgültigkeit in die Verhandlungen gehen. Überlege dir deshalb vor dem Gespräch, wie wichtig es für deinen Verhandlungspartner – und dich selbst – ist, dass eine Vereinbarung zustande kommt.
Zusammenfassung
Rekapituliert man die genannten Strategien, stechen zwei Faktoren heraus. Erster Faktor ist die Vorbereitung, denn bereits vor der anstehenden Verhandlung des Stundensatzes ist es zwingend notwendig, sich über sein Gegenüber zu informieren. Die Vorbereitung bildet das Fundament für die gesamte Vertragsverhandlung. Zweiter Faktor und zugleich wichtigster Grundsatz einer Verhandlung ist, sich niemals unter Wert zu verkaufen. Sei dir deiner Fähigkeiten im Klaren und ebenso dem, wie du deinen Kunden dabei unterstützen kannst, seine Ziele zu erreichen.
Wenn es darum geht, erfolgreich zu verhandeln, denken die meisten an starke Argumente und kluge Rhetorik. Daran, wie man eigene Vorstellungen durchsetzen, vielleicht sogar Erwartungen übertreffen und am Ende den Verhandlungstisch als Sieger zu verlassen. Klingt gut, ist aber falsch.
Verhandlungsprofis wissen: Wer erfolgreich verhandeln will, muss zu einem Ergebnis kommen, das für alle Beteiligten zufriedenstellend oder gar von Vorteil ist. Es ist von Bedeutung, eine Win-Win Situation zu erreichen und dabei ist es gegebenenfalls nötig, kompromissbereit zu sein.
Was verdienen Freelancer?
Die durchschnittlichen Stundensätze von Freelancern oder Freiberuflern im D-A-CH-Raum liegen laut der Projektbörse und Personalplattform freelancermap bei etwa 96 € netto. Ein Arbeitstag von acht Stunden würde demnach einen Tagessatz von rund 770 € netto ergeben. Doch auf den zweiten Blick relativiert sich dieser Betrag. Denn im Gegensatz zu Angestellten haben Freelancer höhere Ausgaben und müssen neben dem reinen Arbeitslohn weitere Kostenfaktoren berücksichtigen.
Zum Beispiel müssen sie ihre eigenen Sozialversicherungsbeiträge zahlen und für ihre eigene Altersvorsorge sorgen. Zudem müssen sie für ihren Arbeitsplatz und ihre Ausrüstung selbst aufkommen. Auch müssen sie zusätzliche Reserven schaffen, um auftragsfreie Zeiten zu überbrücken.
Deshalb ist es wichtig, den Stundensatz von Freelancern nicht isoliert zu betrachten, sondern in Verbindung mit ihren Ausgaben und Risiken zu betrachten. Obwohl die Stundensätze auf den ersten Blick hoch erscheinen mögen, müssen Freelancer hart arbeiten und sorgfältig planen, um erfolgreich zu sein.
Freelancer und Steuern
Wenn Du als Freelancer oder Freiberufler deinen Stundensatz kalkulierst, musst Du nicht nur deine Betriebsausgaben und Versicherungskosten berücksichtigen, sondern auch deine Steuerzahlungen. Die Höhe dieser Zahlungen hängt von deinem Gewinn ab. Es ist wichtig zu beachten, dass auch Faktoren wie Familienstand und Steuerklasse sowie Sonderausgaben und Freibeträge eine wichtige Rolle spielen.
Je höher dein Gewinn ist, desto höher wird auch deine Steuerbelastung sein. Hierbei ist es entscheidend, die für dich geltende Steuerklasse zu kennen und eventuelle Freibeträge und Sonderausgaben in deine Kalkulation einzubeziehen. Eine verantwortungsvolle Finanzplanung ist für Freelancer und Freiberufler unerlässlich, um am Ende des Jahres keine bösen Überraschungen zu erleben.
Eine Alternative für Freelancer: Feste Preise für Projekte
Jeder Freelancer hat ein unterschiedliches Arbeitstempo. Aus diesem Grund ist der Stundensatz nicht immer die beste Option für die Bezahlung von Freiberuflern. Eine alternative Möglichkeit besteht darin, eine Pauschale für das gesamte Projekt zu vereinbaren.
Besonders bei einer hohen Arbeitsgeschwindigkeit kann diese Art der Bezahlung dazu beitragen, in kürzerer Zeit mehr zu verdienen. Bei diesem Modell basiert der Preis auf dem Endprodukt, was letztendlich auch das ist, was die Auftraggeber am meisten interessiert.
Natürlich gibt es hierbei auch wichtige Faktoren zu beachten. Zunächst muss der Umfang des Projekts ermittelt werden. Es muss herausgefunden werden, wie viel Arbeit in das Projekt gesteckt werden muss und wie viel Zeit dafür benötigt wird.
Angenommen, Du bist Webdesigner. Ein Kunde möchte eine Website mit vielen Funktionen erstellen lassen. Die Programmierung dieser Funktionen kann ein einfacher und automatisierter Prozess sein, der dir nicht viel Zeit kostet. Trotzdem solltest Du diese Arbeit bei deiner Kalkulation berücksichtigen, da es ein Teil deiner Dienstleistung ist, der zum Auftrag gehört. Der Preis für diesen Schritt basiert somit nicht unbedingt auf deine Arbeitszeit, sondern auf deinem Know-how.
Wie ist die derzeitige Lage?
Im Herbst 2020 nahm das Infektionsgeschehen mit dem Coronavirus wieder spürbar an Fahrt auf und hat sich zuletzt erneut beschleunigt. Dadurch verschiebt sich die konjunkturelle Erholung Deutschlands, die ursprünglich für das Frühjahr 2021 erwartet wurde, zeitlich im Jahresverlauf nach hinten. Nach Prognose des Ifo-Instituts wird das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 3,7% zulegen und im kommenden Jahr um 3,2%. Betrachtet man die zusammengefasste Wirtschaftsleistung der Jahre 2020 bis 2022, belaufen sich die Kosten der Coronakrise nach dieser Prognose auf 405 Mrd. Euro.
Klar ist, dass sich diese Kosten auf die Digitalisierung von Unternehmen auswirken und sich ebenfalls an den Stundensätzen der IT-Freelancer bemerkbar machen können. Daher ist noch unklar, ob und wenn ja, wann Freelancer wieder höhere Stundensatzforderungen durchsetzen können.
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